Beschluss BVerfG vom 07.05.18, 2 BvR 632/18

Zur Abschiebung eines Gefährders bei wahrscheinlicher Verhängung des Todesstrafe, allerdings mit Aussetzung des Vollzugs

Mit Beschluss vom 07.05.2018 hatte das BVerfG über die Ausweisung eines „Gefährders“ nach Tunesien zu entscheiden (vgl. dazu § 58a AufenthG). Der Beschwerdeführer rügte unter anderem, dass die ihm in Tunesien drohende lebenslange Freiheitsstrafe gegen sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 S. 2 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG verstoße und das BVerwG als zuständiges Gericht seiner Sachaufklärungspflicht nicht hinreichend nachgekommen sei. Dass der Fall nicht einfach gelagert ist, zeigt der Umstand, dass das BVerfG mit Beschluss vom 27.03.2018 eine bereits vorbereitete Abschiebung durch einstweilige Verfügung untersagt hat, um die Verfassungsbeschwerde ausführlich zu prüfen. Die Verfassungsbeschwerde hatte schließlich keinen Erfolg, sie wurde nicht zur Entscheidung angenommen.

Das BVerfG stellte zunächst klar, dass in der Verhängung einer Todesstrafe bei zugleich bestehender Sicherheit, dass diese nicht vollstreckt wird, kein Verstoß gegen eine menschenwürdige Strafvollstreckung gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vorliege. Das BVerfG nimmt hierfür Bezug auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, wonach es nicht ausschließlich auf die mögliche Verhängung des Todesstrafe ankommt, sondern zusätzlich auf die als möglich erscheinende Vollstreckung dieser Strafe abzustellen ist. Ist die Vollstreckung ausgeschlossen, liegt auch kein Verstoß gegen Art. 3 EMRK ab (vgl. zum Ganzen Rn. 47 ff. des Beschlusses).

Zum anderen widmete sich das BVerfG der drohenden lebenslangen Freiheitsstrafe. Dabei betonte das BVerfG – unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung (vgl. BVerfGE 113, 154 (165) –, dass der Vollzug nur dann der Menschenwürde gerecht wird, wenn jedenfalls eine praktische Chance auf Wiedererlangung der Freiheit besteht (vgl. dazu ausführlich Rn. 51 ff. des Beschlusses).

Bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung des angegriffenen Beschlusses nimmt das BVerfG jedoch keine selbstständige Prüfung eines Abschiebungsverbotes zugunsten des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung der vorstehenden verfassungsrechtlichen Gewährleistungen vor. Es hat ausschließlich zu prüfen, ob Art und Umfang der Sachverhaltsermittlung und die rechtliche Wertung durch das BVerwG den verfassungsrechtlichen Garantien gerecht werden. Dem sei das BVerwG hinreichend nachgekommen, weshalb die Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat.